“Die Reichweite ist das neue PS” Interview mit Prof. Dr. Simon Schlauri

Menschen teilen seit sie denken können. Teilen ist sozusagen das neue Haben. Inzwischen kann man auf Plattformen wie rentscout.ch so ziemlich alles teilen, was es gibt. “What is mine is also yours” (Meins ist auch deins) – so das Motto der begeisterten Teiler-Community. Der Begriff dazu ist Wirtschaft des Teilens, auf Englisch “Sharing Economy”. Auch in der Mobilität hat sich das Teilen durchsetzen können: Wir haben mit Sharoo-User und Elektromobilitäts-Experte Simon Schlauri über das Teilen des eigenen Fahrzeugs und die Zukunft der Mobilität  gesprochen.

“Elektroautos werden günstiger, weil sie einfacher aufgebaut sind als Verbrenner. Das teure ist im Moment die Batterie – diese wird allerdings immer günstiger, weil die Technologie immer besser und effizienter wird” – Simon Schlauri

Nicht nur als Anwalt mit Spezialbereich Technologierecht (ronzani-schlauri.com), sondern auch privat setzt sich Simon Schlauri immer wieder mit Unternehmen auseinander, die neue Ideen über das Netz lancieren. Zu dieser Art von Unternehmung gehört auch das Zürcher Unternehmen Sharoo, bei dem Simon Schlauri sein Privatauto, einen Smart fortwo electric drive, zur Verfügung stellt. Für 6 CHF in der Stunde kann man seinen e-Smart mieten.

“Sharoo bietet mir die Möglichkeit, mein Auto mehr zu nutzen und weniger unnötig herumstehen zu lassen. Gerade bei Elektroautos macht das Sinn, denn je mehr man damit fährt, umso effizienter werden sie. Dies sei so, weil in Elektroautos noch relativ viel graue Energie steckt und erst ab ungefähr 14’000 Laufkilometer gilt die Ökobilanz eines Elektroautos als wirklich gut. „Ohnehin fahre ich innerhalb der Stadt fast immer Velo, es ist einfach schneller.” meint Simon Schlauri.

Was ist Sharoo?
Sharoo ist eine unabhängige Plattform für privates Carsharing und vereint Fahrzeugbesitzer mit Menschen, die ein Fahrzeug mieten wollen. Mehr dazu erfahren Sie unter: www.sharoo.com

Sein Ziel sei es zudem, den Leuten, die Elektromobilität gegenüber offen sind, das Thema schmackhaft zu machen und die Vorurteile gegenüber Reichweite und Co. zu widerlegen. Denn, so Schlauri: „Wer einmal ein E-Auto gefahren ist, weiss um den völlig neuen Fahrkomfort und die den Fahrspass, den so ein Auto bietet. Ich verstehe zum Beispiel nicht, warum man noch einen Verbrenner-Smart kaufen kann, wenn es doch den E-Smart gibt, der jeden Verbrenner locker abhängt und sich erst noch total leise und angenehm wie ein Mittelklassewagen fährt. Die Hersteller sollten anfangen, den E-Antrieb als das ultimative Upgrade zum stärksten für das jeweilige Auto angebotenen Verbrennungsmotor darzustellen.“

“Natürlich hat man anfangs Bedenken, sein Auto an Fremde zu vermieten. Bisher habe ich aber wirklich nur gute Erfahrungen gemacht. Die Leute haben mehr Respekt, weil sie ein privates Auto mieten. Zudem trennt sich die Spreu schnell vom Weizen, weil sharoo User sperrt, sollten sie sich nicht an die Regeln halten”. “Zudem telefoniere oder treffe ich die Leute meistens, bevor sie mein Auto mieten, nur schon um ihnen zu erklären, worauf sie achten können”. Diese persönlichen Begegnungen seien eine Bereicherung und das Teilen zeigt, dass die Leichtigkeit des Miteinanders immer mehr gepflegt wird.

Im Moment sind allerdings die meisten Mieter Neumieter, weil Sharoo stark am Wachsen ist und kürzlich eine neue Werbekampagne gestartet hat. “Das merkt man auch recht gut daran, dass Zahlen deutlich angestiegen sind. Teils bekomme ich mittlerweile bis zu vier Anfragen pro Woche, insgesamt hatte ich schon mehr als 50 Vermietungen.” sagt Simon Schlauri.  

“Ein E-Antrieb ist das ultimative Upgrade für Fahrkomfort und Fahrdynamik. Besser als jeder noch so starke Verbrennungsmotor!”

Und, wie sieht es in Zukunft aus mit der Elektromobilität? “Ich glaube, das kann man kurz fassen: Elektromobilität wird kommen, und zwar schneller, als man denkt. Ich bin überzeugt, dass jeder, der in 10 Jahren ein Auto mit Verbrennungsmotor kauft, ein Exote sein wird.” Auch Kritiker, die behaupten, Elektroautos sein gar nicht ökologischer, täuschen sich. Es gibt unzählige Untersuchungen, die das Gegenteil zeigen. Wichtig ist aber, dass man dabei nicht Äpfel mit Birnen, sondern wirklich Autos mit der gleichen Grösse und aus der gleichen Klasse miteinander vergleicht. “Ich ärgere mich daher jeweils, wenn man Tesla mit einem VW Polo vergleicht: Der Polo mag unter dem Strich tatsächlich weniger Energie verbrauchen, aber ein Tesla ersetzt eben keinen Polo, sondern einen Luxuswagen mit erheblich höherem Verbrauch. Abgesehen davon stammt die verbrauchte Energie zumeist aus erneuerbaren Quellen: Wenn Sie ein E-Auto fahren, ist das Ehrensache, und in der Stadt Zürich bekommen Sie ohnehin keinen nicht-erneuerbaren Strom mehr.” meint Simon Schlauri.

In wenigen Jahren werden Autos mit 1000 km Reichweite erwartet – dieses Statement kommt von Elon Musk, der gemäss eigener Aussage für seine Teslas entsprechende Reichweiten anstrebt. Die deutschen Autobauer haben, wie es scheint, bis jetzt den Anschluss irgendwie verpasst, sie planen bis 2020 Reichweiten von 300-400 Kilometern. Das schafft die Konkurrenz von Tesla, Renault und Chevrolet schon heute. “Bis 2020 ist die Konkurrenz dann schon wieder viel weiter – die Reichweite ist das neue PS!” sagt Simon Schlauri und wundert sich, „denn mit den nun für 2020 oder gar 2025 angekündigten Angeboten werden die deutschen Anbieter weiterhin auf ihren Autos sitzen bleiben.“

Folgende Tipps hält Anwalt Simon Schlauri für euch bereit, wenn ihr in einem Gebäude zur Miete oder im Stockwerkeigentum wohnt und die Installation einer Ladestation plant:

Miete:

  • Rechtlich gibt es keinen Anspruch, dass der Vermieter einen Anschluss legen muss.
  • Für den Vermieter bietet ein solcher Anschluss aber einen Mehrwert, mit dem er nachher für die Liegenschaft werben kann. Zumeist kann man den Mieter daher überzeugen, dass ein solcher Anschluss Sinn macht.
  • Viele, gerade institutionelle, Vermieter übernehmen sogar die Kosten für den Einbau, weil sie Elektromobilität begrüssen. Dafür geht evtl. die Parkplatzmiete ein bisschen hoch, trotzdem scheint mir das die fairste Methode.
  • Was nicht geht, ist einfach ohne zu fragen regelmässig Gemeinschaftsstrom zu zapfen. Denn erstens ist das unfair gegenüber den anderen Mietern, zweitens ist es kaum Inhalt des bestehenden Mietvertrags, und drittens sollte bei regelmässiger Stromentnahme für ein E-Auto die Installation ohnehin durch einen Elektriker geprüft werden, weil gerade ältere Installationen die hohen Ströme über lange Zeit möglicherweise nicht verkraften.

Stockwerkeigentum:

  • Bei abgetrennten und im Sonderrecht stehenden Garagenboxen ist die Installation einer Steckdose kein Problem, man hat zudem ein sogenanntes Durchleitungsrecht bis zum Hauptverteiler. Allerdings müssen die Kosten selber getragen werden.
  • Bei einer Gemeinschaftsgarage bedarf eine Steckdose die Einwilligungen der anderen Bewohner der Liegenschaft. Auch hier wird man diese Einwilligung kaum erhalten, wenn man die Kosten nicht selber trägt. Evtl. kann man immerhin eine Lösung finden, dass der erste, der einen Anschluss legen lässt, die im Gemeinschaftsteil anfallenden Kosten zunächst übernimmt, später aber von weiteren Stockwerkeigentümern, die ihre Parkplätze auch elektrifizieren wollen, teilweise ersetzt erhält.

 

Die Stromkosten für E-Autos sind bekanntlich viel niedriger als die Benzinkosten für E-Autos. Simon Schlauri rechnet bei seinem Smart mit etwa 300-400 Franken pro Jahr für Solarstrom. Im Prinzip ist bei vermieteten Garagenplätzen die Abrechnung des Stroms im Rahmen der Nebenkosten sogar über eine Pauschale möglich. Üblicherweise wird man aber einen Zähler verwenden, denn die Kosten können je nach Auto und Gebrauch erheblich schwanken. Was es allerdings nicht braucht, ist ein geeichter Zähler vom Elektrizitätswerk: Weil viele Ladestationen schon einen Zähler eingebaut haben, auf den man bei der Verrechnung abstellen kann, oder weil man zumindest die Nutzung eines nicht geeichten Geräts vereinbaren kann. Da kann man deutlich an Installationskosten sparen.

  • Bei Neubauten sollte man darauf achten, auf jeden Fall bereits Leerrohre für Elektroanschlüsse zu allen Parkplätzen zu legen. Ansonsten wird man das später aufwendig und teuer nachrüsten müssen. Denn, wie schon gesagt: Die Elektromobilität kommt, und zwar schneller, als man denkt.