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Dynamische Preisgestaltung als Anreiz für die Elektromobilität: Die positiven Erfahrungen der AMB

Mit der steigenden Anzahl von Elektroautos auf den Straßen wird das Aufladen des Fahrzeugs zu einer grundlegenden Notwendigkeit. Dies hat zur Folge, dass die Stromnetze, insbesondere die Verteilernetze, durch das zeitgleiche Laden mehrerer Fahrzeuge überlastet werden können. Auf der Suche nach potenziellen Lösungen lohnt sich ein Blick ins Tessin: Die Firma Azienda Multiservizi di Bellinzona bietet ihren Kunden einen dynamischen Tarif für den Stromverbrauch an und ist damit Vorreiter in der Schweiz.

Der Geschäftsführer von AMB, Mauro Suà, hat uns in einem Gespräch seine Sichtweise auf die Themen Elektromobilität und das Laden erklärt und uns einen Einblick gegeben wie AMB’s innovativer und flexibler Tarif funktioniert.

Zu Beginn des Interviews erzählt uns Mauro Suà, dass die AMB schon früh in die öffentliche Infrastruktur im Tessin investiert hat. In Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen haben sie das "emoti-Netz" von städtischen Ladestationen aufgebaut, das heute 200 Ladepunkte im ganzen Kanton bereitstellt. Darüber hinaus hat AMB drei Schnellladestationen in Bellinzona installiert und bietet Lösungen für das Aufladen in Privathaushalten an, einschließlich finanzieller Anreize. Für die AMB ist klar, dass das Aufkommen von Elektroautos einige wichtige Vorteile, aber auch einige Herausforderungen mit sich bringen wird. Dies gilt insbesondere für das Stromnetz, falls der Strombedarf nicht ausreichen koordiniert und gesteuert werden sollte.

« 100 Autofahrer, die abends um 18.30 Uhr nach Hause kommen und gleichzeitig ihre Fahrzeuge (mit je 11 KW) anschließen, verursachen eine Belastung von mehr als einem Megawatt zu einer Tageszeit, an welcher der Stromverbrauch allgemein bereits hoch ist

Mauro Suà

Geschäftsführer von AMB

Dies ist besonders eindrucksvoll, wenn man die Belastung auf die prognostizierte Anzahl an E-Autos für die kommenden Jahre hochrechnet.  

Auf dieser Basis entstand die Idee von AMB, den Energieverbrauch und die Energieproduktion im Netz zu optimieren. So wurde ein dynamischer Tarif entwickelt, der das Verhalten der Menschen dahingehend beeinflusst, dass die Aufladung in Zeiten erfolgt, wenn mehr Strom zu Verfügung steht. 

Das Ziel des neuen frei wählbaren Tarifs ist, die Verbrauchsspitzen zu senken und zu optimieren. Dies wird erreicht, indem Zeitfenster mit hohen und niedrigen Tarifen geschaffen werden, die täglich variieren abhängig von verschiedenen Faktoren wie zu erwartenden Niederschlägen, der Temperaturentwicklung, der Strom-Eigenproduktion und dem Strom-Verbrauch.

Laut Mauro Suà verwendet AMB Algorithmen, die in Zusammenarbeit mit dem innovativen Tessiner Unternehmen HIVE Power entwickelt wurden, um die Energiebedarfsprognose zu berechnen (dies unter Berücksichtigung des optimalen Betriebs des Wasserkraftwerks). Jeden Tag wird über eine App das Zeitfenster des Hoch- und Niedertarifs für den nächsten Tag mitgeteilt.

Bei dem dynamischen Tarifmodell ist der Niedertarif um 7 Rappen pro Kilowattstunde niedriger als der hohe Tarif, was für den einzelnen Nutzer ein mögliches Ersparnis zwischen 20 und 200 Franken pro Jahr bedeutet. Beim Standard-Tarif beträgt die Differenz zwischen den beiden Tarifen nur 2 Rappen pro Kilowattstunde. 

Um die täglich gültigen Tarife für die jeweiligen Zeitpunkte zu kennen, können die Kunden entweder eine App oder eine Art Mini-Ampel benutzen. Letzteres ist ein IoT-Gerät, welches den aktuell gültigen Tarif mittels Farbgebung signalisiert: Leuchtet das Gerät grün sind die Tarife niedrig, leuchtet es rot gelten höhere Preise. Es zeigt zudem die Uhrzeiten an, zu welchen die Tarife sich ändern werden. AMB hat für die Entwicklung des Geräts einen Tessiner Partner gewählt, da für sie die kantonale Zusammenarbeit eine wichtige Bedeutung hat.

« Zu Hause habe ich die Mini-Ampel gut sichtbar an den Küchenheizkörper gehängt, so dass die ganze Familie sie leicht einsehen kann.

Mauro Suà

Geschäftsführer von AMB

Bislang haben mehr als 350 AMB-Kunden den neuen Tarif gewählt. Laut Mauro Suà konnten die meisten von ihnen Geld sparen und nur wenige haben sich entschlossen, zum traditionellen Tarif zurückzukehren. Die meisten Kunden werden dadurch motiviert, dass sie einen Beitrag zu einer effizienten Energienutzung leisten können. Der Spar-Aspekt ist eher ein zweitrangiges Ziel.

Inzwischen ist es AMB gelungen, die Mini-Ampel in die heimischen Ladestationen zu integrieren. Dies bedeutet, dass das Elektroauto, sobald die niedrigen Tarife gelten, automatisch aufgeladen wird. Auf der einen Seite spart das dem Kunden Geld und auf der anderen Seite optimiert es den Strom-Verbrauch aus Sicht der Energieversorgungsunternehmen.

In Zukunft wird der Großteil des Ladens zu Hause oder im Büro stattfinden. Folglich werden Energiemanagementlösungen eine sehr wichtige Rolle spielen. 

Laut Mauro Suà wird es künftig notwendig sein, neue Tarifmodelle zu entwickeln, die einerseits die Steuerung der Energieströme ermöglichen und sich andererseits an die Bedürfnisse der verschiedenen Kundentypen anpassen. Zudem wird es immer mehr Kunden geben, die eine Solaranlage, eine Batterie und/oder ein Elektroauto besitzen. AMB kann sich deshalb vorstellen, dass es in Zukunft unterschiedliche Arten von dynamischen Tarifen geben wird, genauso wie wir heute verschiedene Mobilfunkverträge haben. Dabei darf das vorrangige Ziel nicht aus den Augen verloren werden: Die Aufrechterhaltung des empfindlichen Gleichgewichts zwischen Erzeugung und Verbrauch im Stromnetz - eine grundlegende Voraussetzung für die Versorgungssicherheit.  

« Für ein innovatives Unternehmen wie unseres ist die Elektromobilität sicherlich eine Chance, neue Dienstleistungen zu entwickeln, die die Energiewende und die Dekarbonisierung erleichtern und unterstützen können.

Mauro Suà

Geschäftsführer von AMB

Mauro Suà ist seit 1999 Direktor von Aziende Multiservizi di Bellinzona. Er ist Elektroingenieur mit einem Diplom der ETH Zürich und verfügt über eine umfangreiche Erfahrung im Elektro- und Telekommunikationssektor.

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